Homeway
11.09.10 - 17.09.10


Aus Alesund - Cuxhaven wurde Aalesund - Thyboron


Plan


Tatsache

Sturmsegeln ist nicht für JEDERMANN

Mit dabei:


Ulrich Barth


Daniel Bucher


Wolfram Bohnenkamp


E. P.


Kaspar von Gunten


Burkhard Heimann

Ich muss zwischen Planung und Tatsache unterscheiden.
Geplant war, 6 Personen bringen die Swan 47 Pappilon“ von Aalesund nach Cuxhaven.
Klingt logisch, einfach und war auch sauber ausgeschrieben. Logemann Yachting dachte sich da gibt es bestimmt welche die das machen und schrieb gleich dazu, es sind ja nur 400sm. Da kann man sich noch die Stadt Bergen anschauen oder einen Fjord erkunden oder das alles ganz schnell vergessen, denn wenn man von Aalesund nach Cuxhaven auf der Karte eine Gerade zieht und die geht über Land,da kommt man schon auf 400sm. Tragen oder treideln wollte ich die Yacht nicht. Selbst auf meinen Anruf hin wurde dies nicht korrigiert. Dabei ist unter 600sm nicht zu machen.

Abfahrt am Samstag gegen 14.00 Uhr Ankunft Freitag bis 13.00 Uhr.
Das macht 6 Tage bei realen 640sm ergibt ein Etmal von 107sm. Mach das mal, wenn auch noch Stopps vorgesehen sind.
Logemann gibt den Zeitpunkt zum betreten der Yacht vor egal, wenn man am Abgangsort eintrifft. Als ich kam waren alle schon da.
Die Einweisung vom zugestellten Navigator Ullrich Barth fand statt. Für mich kein Problem, doch mit Kaspar gab es einen Neuling und der hätte bestimmt mehr Info gebraucht. Der erste Eindruck ist ganz angenehm doch beim zweiten stellt man fest: Keine Genua, keine Fock 1 vorhanden. Gefahren wird mit Fock 2 am Babystag sowie dem Groß mit Lattung.
Die Yacht hat inzwischen schon 33 Jahre auf dem Rücken und der erste Lack ist ab.
Macht nichts, wenn die „alte Lady“ sonst läuft.


Aalesund Hafen


 Hafenansicht


 Mitten in der Stadt

 

Nach dem Einkauf und dem beschnuppern drängelten wir aufs ablegen. Ulli hatte den Plan wir legen am Sonntag ab. Das konnten wir kippen und es ging am Samstag gegen 14.00 Uhr los mit Maschine in Richtung Süd, der Küste entlang. Egal,denn besser werden die Verhältnisse hier oben sowieso nicht. Immer schön dicht unter Land, der Flautenschieber macht seinen Dienst und die erste Nacht kommt.Wache ab 2000 Uhr im 2-Stunden Rhythmus. Nicht gerade der Gewinn an Schlafenszeit, doch es gab auch keine Probleme und dann ist die Welt in Ordnung. Montag früh um 0315 Uhr Ankunft in Bergen. Durchfahrt bis zum Sack und fest an der Pier. Das erste und zugleich letzte Bier schmeckte prima, denn danach ging es in die Kojen.


 Bergen Altstadt


Welche Flagge ist das ?


 AIDA war auch da


  Ausfahrt Bergen

Irgendwann wird der erste wach und Kaffeeduft zieht durch die Planken. Danach Ausgang bis Mittag. Daniel und Kaspar gehen auf Einkauf, Ulli hält die Yacht von Schaulustigen frei. Die gibt es wirklich, denn wir fahren mit der Flagge von Antigua. Die sieht gut aus und fällt sofort auf. Fast pünktlich können wir ablegen um zu tanken. In Bergen treffen wir die deutsche Yacht „Peter von Sestermühe“ Sie sind auch auf dem Weg nach Deutschland. Von Christoph von Reibnitz, dem Skipper und Eigner erfahren wir, das es ab Dienstag Starkwind geben soll. Doch wir wollen heute am Montag noch los mit dem Ziel Stavanger zu erreichen.

Die „PvS“ möchte nur 20sm weiter in eine Bucht und dort abwettern.
Die Ausfahrt entwickelt sich zu einer kleinen Regatta zwischen uns. Kreuzen bis zum kotzen ist angesagt.
Kaspar am Steuer und ich an der Fock. Spaß haben wir bis Ulli unruhig wird. Hier wo das Fahrwasser eng ist ( ca. 60m :-) ) sieht er das Problem von Untiefen. Doch PvS ist vor uns und wir folgen. Sie können höher am Wind und somit sind sie schneller als wir. Doch nach 8sm ziehen wir an ihnen vorbei. Das Zauberwort heizt „Motor an“.


 Peter von Sestermühe


 Peter von Sestermühe

Die PvS meldet sich Stunden später über Funk um mitzuteilen, sie machen Schluss.Der Wind von vorn mit 15 bis 22kn ist für die Crew zu viel. Wir ziehen noch auf 25sm davon und geben dann auf. Ab in eine Bucht mit super Kai an einem Privatstück. Dort gibt es sogar Strom und Wasser und somit ist die Welt in Ordnung.
Ich bin noch spät an Land unterwegs um die Gegend zu erkunden. Doch dieses Eiland ist zu klein. Dazu kommt, das wir vom Besitzer durch Zäune und Tore ausgesperrt sind. So geht es zurück an Bord, wo langsam Ruhe eintritt. Die Windwarnung spricht für die Nacht von 30kn Wind und für die Tage danach gleich bleibend.

 




 

Ich schlage vor, frühzeitig aufzubrechen und wir einigen uns darauf, das ich um 0500 Uhr mal nachschaue ob schon Licht vom Himmel scheint. Tut es nicht und so verschiebt sich die Abfahrt auf 0600 Uhr. Ulli, Kaspar und ich machen die Leinen los und ab geht die Luzie in Richtung Stavanger. Nun liegt Stavanger von unserem Kurs nach Osten versetzt und um Zeit zu sparen schlage ich Haugesund vor als letzten Stopp um zu tanken. Vorschlag angenommen und ausgeführt. Doch bis dahin wieder kreuzen und das schon mit Böen von 35kn natürlich von vorn. Ich stehe am Ruder und lass mich einregnen. Bis Wolfram übernimmt und uns weiter zum Tankstopp führt. Tanken, Wasser und eine kurze Pause. Diese wird genutzt um das Wetter abzuklären.

Wir haben Dienstag gegen 1500 Uhr und werden nach dem ablegen erst wieder auf Helgoland festmachen.
Geschätzte Ankunft Donnerstag gegen 1800 Uhr.
Der Wetterbericht spricht aber von 30kn Wind aus SW zu W und erklärt, das ein nachfolgendes Tief zum Trog führt und wir mit 982hPa rechen müssen. Druckabfall von 998hPa auf 982hPa lässt erahnen, das Wind vorhanden sein wird. Es dauert noch drei Stunden, bis wir den Fjord verlassen haben und dann in die offene See kommen. Ich bin schon wieder am Ruder, denn der Autopilot funktioniert nicht.
Warum, ganz einfach er braucht Strom. Den haben wir nicht, denn unsere Elektrische Batterieanlage ist ausgefallen. Ohne Motor sind wir ohne Strom. Ab sofort läuft der Motor im Leerlauf mit um die Navigation zu ermöglichen.

Klingt das schon dramatisch ?? NEIN- denn wir hatten bemerkt, bei uns herrscht Wassereinbruch. Innerhalb von drei Stunden mussten wir 30-40Liter aus dem Motorraum abgepumpt werden.

Klingt das schon dramatisch ?? NEIN- denn die Heizung verabschiedet sich auf nimmer Wiederhören. Alles was nass ist bleibt es auch.

Klingt das schon dramatisch ?? NEIN- das Kompasslicht hatte auch genug vom leuchten und macht erst einmal die Augen zu. Doch das konnte wieder zu Leben erweckt werden.

Klingt das schon dramatisch ?? NEIN- das Funkgerät spricht in einer Sprache, die keiner versteht. Der Lautsprecher ist defekt und kein Wort zu verstehen.

Klingt das schon dramatisch ?? NEIN- denn Wolfram fällt kopfüber in die Steuerplicht und holt sich an der Stirn eine Platzwunde. Die Blutung können wir stoppen doch der Schock lässt ihn nicht mehr los. Jeder Gang über Deck ist eine wacklige Angelegenheit.

Klingt das schon dramatisch ?? NEIN- Daniel legt sich nieder und steht so schnell nicht auf. Seine Seekrankheit hat das Niveau erreicht „lasst mich in Ruhe sterben“. In der Koje ist er gut aufgehoben.

Klingt das schon dramatisch ?? NEIN- Kaspar hat sich die letzten Stunden so erbrochen,das nichts mehr kommt doch der Brechreiz bleibt. Aber er hält tapfer durch und macht seinen Dienst.

Klingt das schon dramatisch ?? NEIN- E. steht in der Tür vom Klo und macht keinen Schritt mehr rein und versucht gleich von hier den Mundinhalt zu versenken. Für diese Übung gibt es keinen Punkt denn der Deckel war noch unten. Somit bleiben Ulli und ich die nicht verletzt sind und sich das Essen nicht zum zweiten mal durch den Kopf jagen.

Klingt das schon dramatisch ?? NEIN- denn die Luken sind alle undicht. Bei jeder Welle und davon gibt es jetzt schon viele, läuft das Wasser über Deck und durch die undichten Fenster in die Kabinen.

Die Betten und Sitzflächen sind klitschnass. Mit trockenen Sachen sich darauf zu setzen bzw. zu schlafen ist nicht mehr möglich.
In der Nacht vom Dienstag zum Mittwoch gab es Anzeichen eines Gewitters. Zum Glück kam es nicht näher und so konnte es hinaus auf den Skagerrak gehen.


Wolfram nach dem Sturz


Eingeregnet


Ein Auge auf die Fahne

Am Mittwoch nahmen die Seeverhältnisse noch zu. Wind von 25-35kn sowie Wellen von 3-4m waren jetzt normal.
Durch den Ausfall von Daniel und E. fehlten uns Mannpower, so das Ulli ran musste. Er war bisher freigestellt von den Wachen. Doch jetzt brauchten wir jeden. Die neue Wettermeldung brachte nichts gutes. 982hPa sehr schnell näher kommend mit 8Bft, in Böen 9Bft klingt nach einer unruhigen Nacht.

E. und Daniel konnten nicht mehr und wollten an Land. Kaspar hielt durch, doch er merkte, das die Kräfte schwanden. Wolfram war langsamer und vorsichtiger nach seinem Sturz geworden. Wir kreuzten inzwischen bei 986hPa und einer Welle von 5m und mussten konzentriert steuern. Doch auch ich hatte jetzt schon 30h hinter mir und wollte mal ruhen. Kein Platz dafür, denn alles nass und unaufgeräumt so das ich auf dem Boden sitzend versuchte eine Mütze Schlaf zu nehmen.

Gegen 1800 Uhr dann die Entscheidung Abbruch und anlaufen des nahesten Hafens. Dies war Thyboron an der Nordwestlichen Küste von Dänemark. Doch auch bis dahin sollten noch 6-7 Stunden vergehen und durch den Kurswechsel kamen nun die Wellen von hinten. Solange es noch hell war, kein Problem. Zumal uns Delphine besuchten und mit uns spielten. Wir liefen zu diesem Zeitpunkt mit dreifach gerefftem Großsegel in Richtung Ost. In der Nacht dann die Segel noch umbauen auf Fock und das Großsegel runter. Jetzt konnte direkten Kurs genommen werden. Die Wellen schoben uns mit über 10kn SOG durch die See. Die Wellenhöhe war ständig über 5m und der Druck bei 982hPa angekommen. Die Yacht selbst lag gut in der See und mit einer Rollgenua oder kleinen Fock wäre es noch besser gewesen.

Gegen 0230 dann das Richtfeuer von Thyboron. E. hatte sich wieder erholt und auch Daniel war wieder auf Deck. Seit es der Küste zuging ging es ihnen besser. E. fuhr uns in den Vorhafen und dort Segel runter und mit Vollgas in den Hafen. Platz gefunden und fest gegen 0300 Uhr nach 482sm.
Die Stimmung war natürlich weg und so ging es nach einem Bier und einem kleinen Snack ab in die nassen Betten.

Gegen 1000 Uhr kam am Donnerstag wieder leben in die Kajüte.
Einzige und wichtigste Frage. Wie geht es weiter? Nach der Ruhe wieder in See gehen?

Hier wird es von jedem eigene Meinung geben.

Wir hatten jetzt noch 178sm bis Cuxhaven. Der Stopp auf Helgoland war schon gestrichen.
Bei 6kn macht dies 30h und somit eine theoretische Ankunftszeit von Freitag 1600 Uhr.

Kaspar hatte einen Termin am Freitag 1200 Uhr
Daniel keine Lust mehr
E. kein Vertrauen in die Yacht
Wolfram sagt ja zum weitersegeln
Ulli sagt ja, aber dann sofort da er auch einen Termin am Freitag abend hat.
Ich habe kein Vertrauen in den Törn. Mit Wolfram und Ulli allein noch 30h unterwegs zu sein ist fahrlässig.
Ich habe Lust zu segeln und auch Interesse daran den Törn zum Ende zu bringen.
Doch neben den Personenmangel stört mich an der Yacht die fehlende Elektrik.
Nur um die Yacht nach Cuxhaven zu bringen, müssen wir den Motor laufen lassen. Diesel ist Bestandteil der Bordkasse.
Dazu kommt, das bei mir nach der ruhigen Nacht die Anspannung der letzten Tage abgefallen ist.
Mich jetzt neu zu motivieren fällt schwer. Auch ich habe Termine am Samstag und mein Zug nach Hause ist auch schon gebucht.

Wenn es hier ein klares Zeichen von Logemann gegeben hätte, wäre ich vielleicht schwach geworden.
Mit ihm stand Ulli in telefonischer Verbindung. Doch seine Vorschläge waren noch grauenhafter.

    Segelt durch den Limfjord in den Kattegatt und dann nach Kiel und durch den Nord Ostsee Kanal nach Cuxhaven.
Das würde bedeuten dem Sturm hinterher zu segeln. Durch Nachrichtendienst kam die Meldung, Hammburg hatte
Hochwasser und in Kiel Schilksee wurde eine Regatta abgesagt. Koppenhagen wurde auf Hochwasser vorbereitet und
wir sollen dort hinsegeln.

   Segelt direkt nach Cuxhaven und den Diesel braucht ihr nicht auffüllen. Die Endreinigung entfällt.

Was ist mit den Ausfällen, der Nässe, der fehlenden Heizung dazu gab es kein Angebot. Nur um Logemann sein Boot nach Hause zu bringen sollten wir alles mögliche machen? Somit stand fest, hier ist Schluss. Für mich das Zeichen,nicht länger an Bord zu bleiben.

E. und ich machen am Donnerstag um 1430 Uhr mit dem Zug los.
Kaspar und Daniel starten am Donnerstag um 1830 Uhr.
Ulli wird am Freitag abgeholt und geht direkt nach Rügen.
Wolfram bleibt an Bord und wartet auf die Ablösung.

(Nachtrag vom 29.09.2010:
Wolfragm:"zwei Tage später kam Matze (Beilken) an und wir sind bei handigem Wetter nach Helgoland gesegelt. Nach vier Stunden -Tide- sind wir mit lädierten Segel nachts die Elbe hoch motort und gut in Cux. angekommen. Mein Kratzer an der Stirn ist verheilt.")

Es beginnt eine Odyssee durch Dänemark, an dessen Ende die Ankunft in Hamburg liegt.
Von hier mit dem Zug nach Hause. Somit geht für mich am Freitag um 0700 Uhr das Abenteuer Pappilon zu Ende.

Bis die Tage
Burkhard